
Gastfreundschaft.
Gibt´s das auch zum Mitnehmen?
Gibt´s das auch zum Mitnehmen?
Wir haben sie an den entlegensten Orten der Welt erfahren. Wir wissen, dass sie die Menschen zusammenbringt, die Welt freundlicher und das Unbekannte vertrauter macht. Wir schätzen sie – sogar mehr, als uns bewusst ist. Umso merkwürdiger, dass wir sie kaum im öffentlichen Raum erwarten. Und doch treffen wir sie genau hier: die Mobile Gastfreundschaft.
Unsere erste und naheliegende Vorstellung von Gastfreundschaft ist jene, der wir bisher begegnet sind. Menschen laden uns in ihr Umfeld ein – dort sind sie daheim und wir zu Gast. Was jedoch, wenn diese Vorstellung zu kurz gegriffen ist? Was, wenn wir versuchen, das menschliche Bedürfnis der gelebten Gastfreundschaft im größeren Kontext zu sehen? Was, wenn wir es ganz bewusst in den öffentlichen Raum verlagern, in jenen Raum nämlich, in dem keiner von uns der Besitzer ist – und jeder von uns der Gast?
››Die Stadt gehört allen und zugleich gehört sie niemandem. Wir tragen eine Verantwortung dafür, wie unser öffentlicher Lebensraum aussieht, wie wir ihn erleben und wie er sich entwickelt. Ästhetik ist ein maßgeblicher Faktor von Nachhaltigkeit.‹‹
2011 war das Geburtsjahr der Mobilen Gastfreundschaft. Von Feldkirch ausgehend und unterwegs in Vorarlberg und Liechtenstein, veranstaltete ein Design-Duo künstlerische Interventionen mithilfe einer eigens entworfenen Schubkarrenküche und einem mobilen Tisch mit Hockern. Das Kollektiv, bestehend aus Ania Rosinke und Maciej Chmara, agierte damals noch unter dem Namen Captain Stadtpark – Super-Hero der Architektur – und kämpfte für ökologisches, verantwortungsbewusstes und ökonomisches Design. Im direkten Kontakt mit Passanten wurden diese nicht nur zum Essen, sondern auch zur Diskussion und zur aktiven Beteiligung im öffentlichen Raum eingeladen. In kürzester Zeit begann eine unglaubliche Laufbahn des Projekts. Stopps in Berlin, Bratislava, Paris, Mailand, Wien und New York, Ausstellungen in renommierten Museen wie dem MAK oder dem Kunstgewerbemuseum Berlin sowie zahlreiche internationale Awards folgten.
Heute sind die beiden Designer unter dem Studionamen chmara.rosinke in Berlin und Wien zugleich verankert, gestalten Schwerpunktmäßig im Interieur-Bereich und verknüpfen nach wie vor für Popup-Konzepte funktionale und soziokulturelle Aspekte. Ihr Projekt der Mobilen Gastfreundschaft vereint Design, Kultur, Kommunikation und Genuss. Alle eingesetzten Objekte sind aus massivem Holz gefertigt, von schlichter und klarer Formsprache und ökologisch im Gebrauch. Voraussetzung sind rund 20qm und ein Elektroanschluss. Und Menschen.
››Wenn wir im öffentlichen Raum gemeinsam mit zufällig vorbeikommenden Passanten essen, dann lernen wir uns auf eine Art und Weise kennen, wie sie sonst kaum möglich ist.‹‹
2018 und 2019 veröffentlichte das Designduo das Buch „Essays on kitchens“ und brachte die Mobile Gastfreundschaft nach Hause zurück. Im Rahmen der POTENTIALe machten Ausstellungen und inszenierte Menü-Abende das vergangene Jahrzehnt erlebbar. Drei Küchenmobile, ein Tisch sowie Bänke und Hocker wurden in den fixen Bestand der POTENTIALe aufgenommen. Ihre ersten Einsätze feierten sie im POTENTIALe Büro in der Neustadt 14, bei den Architekturtagen im Mai 2019 und in der temporär genutzten Neustadt 25.
Nach der Erfahrung eines städtischen Lockdowns, nutzten wir sie zur Generierung neuer Momente im Alltag. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir uns in kleiner Runde im öffentlichen Raum treffen? Der Sommer 2020 macht drei Vorarlberger Kochkollektive zu Gastgebern der Mobilen Gasfreundschaft. Eugen Fulterer, Querfeld und amoll laden Passanten zur Begegnung ein. Wenige, aber essenzielle Nutzungsbedingungen kommen dabei zur Geltung: Die Küche ist nie ohne den Tisch, um in jedem Fall ein Zusammenkommen zu ermöglichen. Verwendete Zutaten werden regional und biologisch bezogen. Und im Idealfall darf der Gast den Wert des Essens auf Spendenbasis selbst bestimmen.
Was wird uns geschenkt, wenn wir uns als Gast sehen? Eine neue Achtsamkeit? Ein Empfinden von Verantwortung, im Umgang mit dem, was uns nicht gehört? Eine Dankbarkeit für das, was wir bekommen? Bleiben wir ewige Nutznießer und Konsumenten, froh darüber, uns nicht kümmern zu müssen, solange irgendwer anders das tut? Oder können wir lernen, unserer Stadt ein guter Gast und Gastgeber zugleich zu sein?
chmararosinke.com
Text: Magdalena Hopp
Foto oben: POTENTIALe Mobile Gastfreundschaft, Sommer 2020, Reichenfeld (c) Angela Lamprecht
Foto Mitte: POTENTIALe Mobile Gastfreundschaft, Sommer 2020, Neustadt (c) Angela Lamprecht
Foto unten: POTENTIALe Mobile Gastfreundschaft, Sommer 2020, Reichenfeld (c) Nadine Jochum
››Die Stadt gehört allen und zugleich gehört sie niemandem. Wir tragen eine Verantwortung dafür, wie unser öffentlicher Lebensraum aussieht, wie wir ihn erleben und wie er sich entwickelt. Ästhetik ist ein maßgeblicher Faktor von Nachhaltigkeit.‹‹

2011 war das Geburtsjahr der Mobilen Gastfreundschaft. Von Feldkirch ausgehend und unterwegs in Vorarlberg und Liechtenstein, veranstaltete ein Design-Duo künstlerische Interventionen mithilfe einer eigens entworfenen Schubkarrenküche und einem mobilen Tisch mit Hockern. Das Kollektiv, bestehend aus Ania Rosinke und Maciej Chmara, agierte damals noch unter dem Namen Captain Stadtpark – Super-Hero der Architektur – und kämpfte für ökologisches, verantwortungsbewusstes und ökonomisches Design. Im direkten Kontakt mit Passanten wurden diese nicht nur zum Essen, sondern auch zur Diskussion und zur aktiven Beteiligung im öffentlichen Raum eingeladen. In kürzester Zeit begann eine unglaubliche Laufbahn des Projekts. Stopps in Berlin, Bratislava, Paris, Mailand, Wien und New York, Ausstellungen in renommierten Museen wie dem MAK oder dem Kunstgewerbemuseum Berlin sowie zahlreiche internationale Awards folgten.
Heute sind die beiden Designer unter dem Studionamen chmara.rosinke in Berlin und Wien zugleich verankert, gestalten Schwerpunktmäßig im Interieur-Bereich und verknüpfen nach wie vor für Popup-Konzepte funktionale und soziokulturelle Aspekte. Ihr Projekt der Mobilen Gastfreundschaft vereint Design, Kultur, Kommunikation und Genuss. Alle eingesetzten Objekte sind aus massivem Holz gefertigt, von schlichter und klarer Formsprache und ökologisch im Gebrauch. Voraussetzung sind rund 20qm und ein Elektroanschluss. Und Menschen.
››Wenn wir im öffentlichen Raum gemeinsam mit zufällig vorbeikommenden Passanten essen, dann lernen wir uns auf eine Art und Weise kennen, wie sie sonst kaum möglich ist.‹‹

2018 und 2019 veröffentlichte das Designduo das Buch „Essays on kitchens“ und brachte die Mobile Gastfreundschaft nach Hause zurück. Im Rahmen der POTENTIALe machten Ausstellungen und inszenierte Menü-Abende das vergangene Jahrzehnt erlebbar. Drei Küchenmobile, ein Tisch sowie Bänke und Hocker wurden in den fixen Bestand der POTENTIALe aufgenommen. Ihre ersten Einsätze feierten sie im POTENTIALe Büro in der Neustadt 14, bei den Architekturtagen im Mai 2019 und in der temporär genutzten Neustadt 25.
Nach der Erfahrung eines städtischen Lockdowns, nutzten wir sie zur Generierung neuer Momente im Alltag. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir uns in kleiner Runde im öffentlichen Raum treffen? Der Sommer 2020 macht drei Vorarlberger Kochkollektive zu Gastgebern der Mobilen Gasfreundschaft. Eugen Fulterer, Querfeld und amoll laden Passanten zur Begegnung ein. Wenige, aber essenzielle Nutzungsbedingungen kommen dabei zur Geltung: Die Küche ist nie ohne den Tisch, um in jedem Fall ein Zusammenkommen zu ermöglichen. Verwendete Zutaten werden regional und biologisch bezogen. Und im Idealfall darf der Gast den Wert des Essens auf Spendenbasis selbst bestimmen.
Was wird uns geschenkt, wenn wir uns als Gast sehen? Eine neue Achtsamkeit? Ein Empfinden von Verantwortung, im Umgang mit dem, was uns nicht gehört? Eine Dankbarkeit für das, was wir bekommen? Bleiben wir ewige Nutznießer und Konsumenten, froh darüber, uns nicht kümmern zu müssen, solange irgendwer anders das tut? Oder können wir lernen, unserer Stadt ein guter Gast und Gastgeber zugleich zu sein?

chmararosinke.com
Text: Magdalena Hopp
Foto oben: POTENTIALe Mobile Gastfreundschaft, Sommer 2020, Reichenfeld (c) Angela Lamprecht
Foto Mitte: POTENTIALe Mobile Gastfreundschaft, Sommer 2020, Neustadt (c) Angela Lamprecht
Foto unten: POTENTIALe Mobile Gastfreundschaft, Sommer 2020, Reichenfeld (c) Nadine Jochum